9.Juli 2020

Mein Freund Jürgen hat es wahrlich nicht leicht mit mir. Kaum etwas gemeinsam vereinbart, soll der arme Kerl doch glatt zu Hause bleiben, nur weil Dani Arnold anrief…

die Dru Westwand im Abendlicht…

…um mir mitzuteilen, dass durchaus noch kletterbare Bedingungen an der Dru herrschen. Auch Dani war da noch nicht und begleitet vom Segen des Freundes („waunst nimma hamkummst, hau i da ane oba!“) zischte ich nach Chamonix. Sollte so spät die Dru noch machbar sein?

Als eine der sechs großen Nordwände der Alpen steht die Dru ganz oben auf der Begehrlichkeitsliste, zumal nur noch selten gute Verhältnisse dort herrschen. Seit dem ersten Bergsturz 1997, wo der gesamte Bonattipfeiler kollabierte, fällt die Dru eigentlich in sich zusammen. Mehrere Bergstürze in den Folgejahren, nicht nur in der West- sondern auch in der Nordwand, sind Zeichen der Vergänglichkeit eines mythischen Berges. Nur noch eine Handvoll Seilschaften schaffen den Aufstieg über die Nordseite im Jahr- umso mehr kommt dem richtigen timing Bedeutung zu. Wenig bis kein Schnee, kalt genug, damit der Fels durch den Frost zusammen gehalten wird und warm genug, um schnell klettern zu können sind in etwa die Rahmenbedingungen dafür.

ein herrliches Biwak…

Wir waren uns gar nicht sicher damit, fanden es aber wert, die tatsächlichen Bedingungen vor Ort zu studieren. Und wir zogen den jackpot: schon am frühen Nachmittag im Biwak unter der Wand konnten wir bis zum Sonnenuntergang gerade einmal zwei Steine die Wand herunterfallen sehen!

Um 0400 Uhr standen wir am Einstieg dieser 900 m hohen Riesenwand, die 1935 von Pierre Allain und Raymond Leininger erstmals durchstiegen wurde. Unglaublich mit der damaligen Ausrüstung und dem Können- Hut ab vor dieser grandiosen Leistung!

Doch schon nach zehn Seillängen wurde es immer schwieriger und passte so gar nicht zum topo der Tour- wir waren in die viel anspruchsvollere Lesueur Route abgekommen. Nach dreimaligem Abseilen und ein wenig besser schauen, kletterten wir nun in der richtigen Tour nach oben mit dem Ziel, diesen Fehler nicht zu wiederholen…

in der Lesueur Führe…

Unglaublich schöne und ausgesetzte Seillängen reihten sich da aneinander: der Lambert Riss, der Martinetti Riss, die Quartz ledges- einfach geil! Und das Beste: „Null Steinschlag“! Weil das alles so flott dahin ging, standen wir plötzlich über dem riesigen Felsbruch des Bonattipfeilers in der Westwand und stellten fest: „Foisch samma“!

Wieder retour, nach links hinüber, nochmals runter, nochmals links…was tut man nicht alles, um den Tag entsprechend auszufüllen. Nach 13 Stunden Kletterei- wobei vier Stunden mit unseren beiden Verhauern draufgingen- standen wir am Gipfel der petit dru auf 3.733 m. Perfekt!

Wir wollten über das nordcouloir rasch abseilen, um rechtzeitig zu unseren Gleitschirmen zu gelangen, die im Biwak unter der Wand auf uns warteten, um mit der letzten Thermik des Tages unseren Abstieg ins Tal zu vollenden. Hat`s aber nicht gespielt- das couloir sah grausig aus und nach kurzer Beratung stiegen wir auf die

mit sagenhaften Tiefblicken…

grand dru hinauf, um über deren Westseite abzuseilen. Die dortige Charpoua Hütte hatte zwei gewaltige Vorteile und einen noch gewaltigeren Nachteil: zum Einen genug TAB`s und ein Schlaflager für uns und zum Anderen den geografischen Platz auf der falschen Seite des Berges.

So mussten wir tags darauf (Essen und Bier waren herrlich…) wieder rundherum unser Biwakzeugs abholen. Und weil wir vormittags im Schatten bei unseren Schirmen anlangten, wurde es auch nix mit dem Fliegen- Rückenwind ist gar nicht gut da oben…

Genau ZWEI Minuten vor dem angesagten und einsetzenden Regen warfen wir unser Klump in unsere Autos und zogen in die nächste Pizzeria. Da war wirklich wieder alles gut!

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am Gipfel, aber noch nicht unten…

Danke Dani für diese mega Tour und die eindrücklichen drei Tage in Chamonix- so etwas vergisst man nicht mehr! 😊

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hier geht`s zum album und der Tourenbeschreibung…

hier geht`s zum Artikel von Dani Arnold nach seinem Speedrekord…

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die Fotos könnt ihr hier sehen:

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das video seht ihr hier:

Dru northface 2020:

Kategorien: Touren

2 Kommentare

Christoph Salomon · 11. Mai 2021 um 22:14

Kenne Dani von ice Kletter Kursen. Es ist schön anzusehen, dass “verrückt” sein, nicht heisst lebensmüde zu sein, sondern beim “wilden, cleanen” alpinen Bergsteigen etwas mit Leidenschaft zu tun hat. Du Michael warst mir bisher unbekannt, aber es sind wunderschöne Impressionen von einer Leidenschaft. Gruss christoph

    admin · 12. Mai 2021 um 18:45

    Danke, Christoph! Ja, das hast du sehr gut umschrieben- und mit Leidenschaft triffst du es am besten! Letztendlich der Motor allen Tuns! 🙂

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